WEG-Reform: Welche Änderungen das neue Wohnungseigentumsgesetz für Eigentümer und Verwalter mit sich bringt

Am 01.12.2020 ist das novellierte Wohnungseigentumsgesetz in Kraft getreten. Hieraus ergeben sich Änderungen und Neuregelungen, die ich kurz zusammengefasst habe. 

Aus Schriftform wird Textform

Was bisher nur für die Einladung zur Eigentümerversammlung möglich war, gilt künftig auch für 

  • Umlaufbeschlüsse, 
  • Vertretungsvollmachten, 
  • das Verlangen von 1/4 der Eigentümer auf Einberufung einer Eigentümerversammlung und 
  • die Ankündigung einer Erhaltungsmaßnahme. 

Die Art der Kommunikation (per eMail, App oder Internetportal) wird dadurch zeitgemäß.


Neue Begriffe

  • Aus der Instandhaltungsrückstellung wird die Erhaltungsrücklage
  • Instandhaltung und Instandsetzung erhalten den Oberbegriff Erhaltung
  • Im Rahmen der Jahresabrechnung wird über Nachschüsse bzw. Anpassung der Vorschüsse des Wirtschaftsplans beschlossen.

Beschlussfassung und Eigentümerversammlung

Sofern sich aus der Auslegung der Teilungserklärung bzw. Gemeinschaftsordnung nicht andere Regelungen ergeben,

  • beträgt die Einladungsfrist zur Eigentümerversammlung 3 Wochen
  • reicht eine Vertretungsvollmacht in Textform, so dass es keiner eigenhändigen Unterschrift bedarf und
  • gilt die Beschlussfähigkeit unabhängig von der Anzahl der anwesenden Eigentümer und ist somit nicht mehr beschränkt.

Die Eigentümer können auch beschließen, dass Wohnungseigentümer an der Versammlung im Wege elektronischer Kommunikation teilnehmen und ihre Rechte ausüben können. Diese Beschlusskompetenz ermöglicht es aber nicht, die Präsenzversammlung insgesamt zugunsten einer reinen Online-Versammlung abzuschaffen.

Ein doppelt qualifizierter Mehrheitsbeschluss findet sich nur noch im Rahmen von baulichen Veränderungen, in Fällen, in denen auch bauunwillige Eigentümer an den Kosten beteiligt werden sollen.

Ansonsten lässt sich zukünftig alles mit einfacher Mehrheit beschließen.

Für Beschlussfassungen im Umlaufverfahren gilt nur noch die Textform, so dass diese auch per eMail erfolgen können. Nach vorheriger Beschlussfassung in einer Eigentümerversammlung bedarf es für einzelne Umlaufbeschlüsse nur einer einfachen Mehrheit. Dies kann helfen, wenn z.B. noch eine Klärung im Anschluss an die Versammlung erforderlich ist, bevor in Form eines Umlaufbeschlusses endgültig entschieden werden kann.

Die Beschlüsse sind unverzüglich sowohl in einer Niederschrift (Protokoll) als auch in die Beschluss-Sammlung aufzunehmen.

Vereinbarungsändernde Beschlüssen und Vereinbarungen, die dauerhaft auch gegenüber Rechtsnachfolgern (Käufer) wirken sollen, bedürfen der Eintragung ins Grundbuch. Hierfür erhält die Eigentümergemeinschaft ein eigenes Antragsrecht.

Beschlussanfechtungsklagen oder Beschlussersetzungsklagen richten sich ebenso wie alle anderen Ansprüche immer nur noch gegen die gesamte Gemeinschaft der Wohnungseigentümer.


Bauliche Maßnahmen

Die komplizierte Unterscheidung zwischen Modernisierung, modernisierende Instandsetzung und bauliche Veränderung entfällt und wird einheitlich als bauliche Veränderung bezeichnet. Hierüber kann zukünftig mit einfacher Mehrheit entschieden werden, sofern der/die Antragsteller die Kosten übernimmt/übernehmen. Nur wenn die Kosten auf alle Eigentümer umgelegt werden sollen, ist weiterhin eine doppelt qualifizierte Mehrheit notwendig. Eine allstimmige Beschlussfassung ist jedenfalls nicht mehr vorgesehen.

Jeder Eigentümer hat einen Anspruch auf angemessene bauliche Veränderung zum

  • Gebrauch durch Menschen mit Behinderung,
  • Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge,
  • Einbruchschutz und
  • Anschluss an ein Telekommunikationsnetz mit sehr hoher Kapazität.

Diese privilegierten Maßnahmen korrespondieren dann mit dem neuen Anspruch des Mieters aus § 554 BGB.

Neu eingeführt wurde eine Duldungspflicht für Erhaltungsmaßnahmen durch Mieter und andere Dritte, sofern eine Maßnahme angekündigt wurde.

Für bestimmte bauliche Maßnahmen innerhalb seines Sondereigentums benötigt der Eigentümer zukünftig keine ausdrückliche Genehmigung.


Kostenverteilung

Bauliche Veränderungen, die von einzelnen Eigentümern beantragt werden, zahlen diese grundsätzlich selber. Entscheidungen über eine abweichende Kostenverteilung sind nicht mehr nur auf einen Einzelfall beschränkt, somit kann über bestimmte Kostenarten (z.B. Fensteraustausch) auch generell entschieden werden.

Die Kostenverteilung für Verwaltungs- und Betriebskosten, etc. können ebenfalls mit einfacher Mehrheit geändert werden. Ausgeschlossen ist ausdrücklich die generelle Änderung des allgemeinen Verteilerschlüssels (meist Miteigentumsanteile).


Der Verwaltungsbeirat

Über die Anzahl der Mitglieder des Beirats kann frei entschieden werden. Bei mehreren Mitgliedern ist ein Vorsitzender und ein Stellvertreter zu wählen. Für unentgeltlich tätige Beiratsmitglieder ist die Haftung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt.


Zertifizierter Verwalter

Für die immer komplexer werdenden gesellschaftlichen und rechtlichen Zusammenhänge, die die Verwaltertätigkeit prägen, sieht der Gesetzgeber nunmehr eine Zertifizierung vor. Für diese Regelung besteht eine Übergangszeit von 2 Jahren, um die Entwicklung und Umsetzung der notwendigen Zertifizierungsverfahren zum Nachweis der Sach- und Fachkunde zu ermöglichen.

Eine Ausnahme besteht für Fälle der sogenannten Eigenverwaltung, wenn die Anlage aus weniger als 9 Einheiten besteht und ein Wohnungseigentümer zum Verwalter bestellt wurde. Ein Anspruch auf Bestellung eines zertifizierten Verwalters besteht jedoch auch in solchen Anlagen, wenn mindestens 1/3 der Wohnungseigentümer dies verlangt.

Für den Fall der Abberufung des Verwalters endet der geschlossene Verwaltervertrag kraft Gesetzes spätestens 6 Monate nach der Abberufung.

Der Verwaltervertrag regelt die einzelnen Rechte und Pflichten, die im Gesetz nicht einzeln aufgeführt sind. Durch Beschluss oder Vertrag können zumindest im Innenverhältnis die Handlungsspielräume individuell eingeschränkt oder erweitert werden. Gegenüber Dritten (im Außenverhältnis) sind Beschränkung der Vertretungsmacht allerdings unwirksam.

Neben dem Wirtschaftsplan und der Jahresabrechnung gehört auch die Aufstellung eines Vermögensberichts zu den gesetzlichen Aufgaben des Verwalters, die dem Eigentümer zur Verfügung zu stellen ist.


Daneben gibt es noch weitere Änderungen von juristischer Bedeutung

Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist Träger der gesamten Verwaltung. (Damit erübrigt sich zukünftig die Unterscheidung zwischen den übrigen Wohnungseigentümern und der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer.) 

Terrassen oder Stellplätze, die bisher meist als Sondernutzungsrecht definiert sind, können nun Gegenstand des Sondereigentums werden.

Ersterwerber (werdende Eigentümer) können zukünftig bereits ab Besitzübergang mitentscheiden. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer entsteht schon mit Anlage der Wohnungsgrundbücher, im Zweifel als Ein-Mann-Gemeinschaft.


Weiterführende Informationen:

Eine Antwort auf „WEG-Reform: Welche Änderungen das neue Wohnungseigentumsgesetz für Eigentümer und Verwalter mit sich bringt“

Kommentare sind geschlossen.

%d Bloggern gefällt das: